Was trinkt die Jugend von heute?

02.04.2024

Wissenschaft zum Anfassen beim Science-Pub macht riesigen Spaß

Geisenheim. (sf) „Wissenschaft zum Anfassen!“ hieß es wieder beim Science-Pub der Hochschule Geisenheim: im Geisenheimer Restaurant „Zwei und Zwanzig“ traf man sich erstmals in diesem Jahr zu dem seit Jahren so beliebten spannenden Austausch mit Wissenschaftlern in der gemütlichen Atmosphäre des Restaurants in Geisenheim. Die Themen kamen dieses Mal aus der Technik und Biodiversität, Prof. Dimitrios Paraforos vom Institut für Technik im Anbau von Sonderkulturen stellte den Vortrag „Feinde oder Freunde?“ vor und aus der Wein- und Getränkewirtschaft, hier erläuterte Prof. Dr. Gergely Szolnoki, was die Jugend von heute trinkt. Die Moderation hatte Dr. Christiane Jost übernommen und lud die Gäste explizit zum „Zuhören, Austauschen und Diskutieren“ ein. Schließlich lebt der 2019 eingerichtete „Science Pub“ vom Austausch, Fragen und Anregungen aus dem Publikum sind erwünscht. Selbstverständlich konnte man aber auch einfach zuhören und sein Essen und Trinken genießen. Katharina Hauck, einst Doktorandin am Institut für Wein- und Getränkewirtschaft, war die Ideengeberin des Science-Pub: „In Wiesbaden hatte ich das erste Mal bei einem solchen Science-Pub mitgemacht. Ich war total begeistert von dem Konzept und wollte es unbedingt nach Geisenheim bringen“. In der Hochschule Geisenheim habe sie daraufhin Kollegen gefragt, ob jemand mitmachen wolle: „Es gab viele positive Rückmeldungen und unser gemeinsames Ziel ist es, der Bevölkerung in der Region zu präsentieren, was wir eigentlich erforschen“, so Hauck.
Viele Rheingauer wüssten gar nicht, was an der Hochschule alles gemacht werde und deshalb soll der Science Pub, der bewusst nicht im steifen Hörsaal stattfindet, „Wissenschaft zum Anfassen“ bieten.

Und Stoff zum Austausch gab es ausreichend: Die beiden Wissenschaftler präsentierten ihr jeweiliges Forschungsthema und luden im Anschluss an ihren Kurzvortrag dazu ein, Fragen zu stellen. Sie freuten sich über die verschiedenen Meinungen, die im Publikum ausgetauscht wurden. Vor allem auch der Vortrag über die Trinkgewohnheiten junger Leute sorgten für viel Gesprächsstoff in einer gemütlichen Wohnzimmeratmosphäre. „Die meisten Jugendlichen nutzen die Gelegenheit, direkt im Jahr des 16. Geburtstags, einige sogar früher, die ersten alkoholischen Getränke zu probieren. Das gesetzliche Alkoholersterwerbsalter bedeutet hiermit einen wichtigen Schritt im Bereich Alkoholkonsum. Insgesamt 42 Prozent befragter Jugendlicher gaben an, Bier als erstes alkoholisches Getränk konsumiert zu haben. Alkopops als Eintrittsgetränk in die Welt der Alkoholika sind mit 14 Prozent nach wie vor von großer Bedeutung, spielen jedoch später beim regelmäßigen Konsum keine bedeutende Rolle mehr. Cocktails und Longdrinks wurden von 12 Prozent, während Spirituosen lediglich von vier Prozent der Befragten gewählt wurden. Wein und Sekt zusammen erreichten einen Anteil von 25 Prozent. Somit konsumierte jeder vierte Jugendliche Still- oder Schaumwein als erstes alkoholisches Getränk. Auch hier fällt eine Verschiebung zugunsten der weiblichen Konsumenten auf. Frauen trinken etwas mehr Still- und deutlich mehr Schaumwein, während Männer eher Bier präferieren“, so Prof. Dr. Szolnoki vom Institut für Wein- und Getränkewirtschaft.
Spannend würden die Präferenzen beim ersten alkoholischen Getränk, wenn man sie mit dem regelmäßigen Alkoholkonsum in der Familie und im Freundeskreis vergleiche: „Hier ergibt sich nämlich eine starke Korrelation. Wein und Sekt sind das Getränk der Wahl, wenn in der Familie und im Freundeskreis Wein oder Sekt regelmäßig getrunken wird. Der Einfluss der engeren Familie prägt besonders stark das spätere Konsumverhalten. Wenn Eltern oder enge Verwandte bestimmte alkoholische Getränke konsumieren und Jugendliche keine Aversion aufgrund negativer Erfahrungen gegen dieses Getränk entwickelt haben, hat es eine gute Chance, positiv wahrgenommen zu werden und sich als erstes beziehungsweise später als regelmäßig konsumiertes Getränk zu etablieren!“. Aber auch der Freundeskreis als Bezugsgruppe sei in diesem Fall von großer Bedeutung: „Da sogenannte „Peer Groups“ eigene Verhaltensweisen und Einstellungen vermitteln, beeinflussen sie auch das Verhalten der Freunde und dadurch die Wahl alkoholischer Getränke!“. Eine wichtige Rolle spiele auch die Gegend, wo die Person aufgewachsen sei: „In oder in der Nähe von Weinbaugebieten, fanden wir einen deutlich höheren Anteil von Jugendlichen, die Wein oder Sekt konsumieren. Der flächenmäßige Anteil solcher Regionen liegt in Deutschland allerdings nur bei 10 Prozent!“. Die direkte Umgebung und das dort „beobachtete“ Konsumverhalten sowie die persönlichen Präferenzen würden also eine entscheidende Rolle spielen und stark prägend beim Alkoholkonsum wirken, fasste Prof. Dr. Szolnoki die Einflussfaktoren auf das zuerst ausprobierte alkoholische Getränk zusammen. Weitere Ergebnisse von Verbraucherbefragungen hatten außerdem gezeigt, dass der Weinkonsum in Deutschland mit dem Alter zunehme: „Die jüngere Altersgruppe unter 35 Jahren unterscheidet sich in fast allen untersuchten Indikatoren deutlich von den älteren Konsumenten. Sie trinken weniger Wein und bevorzugen aufgrund der in der Kindheit erworbenen Geschmackspräferenzen eher Weiß- und Roséweine mit etwas mehr Restzucker gegenüber trockenen Rotweinen. Sie konsumieren mehr Wein bei Besuchen und Veranstaltungen im Vergleich zum Konsum zu Hause und kaufen Weine eher in Discountern und sonstigem Lebensmitteleinzelhandel ein. All dies summiert sich zu einer eher marginalen wirtschaftlichen Bedeutung, die sich in ihrem geringen Verbrauch und Volumenanteilen am gesamten deutschen Weinmarkt widerspiegelt!“. Obwohl diese Gruppe heute von geringer Bedeutung zu sein scheine, sei es ein Fehler, die jüngeren Altersgruppen zu vernachlässigen, mahnte Prof. Dr. Gergely Szolnoki an. „Mit zunehmendem Alter werden sie sich stärker mit Wein beschäftigen und langsam in die nächste Altersgruppe hineinwachsen. Wenn die Weinindustrie die Chance verpasst, sie auf dem Weg zu regelmäßigen und bewussten Weintrinkern zu begleiten und zu unterstützen, wird sie in Zukunft auf ein Problem des Generationenwechsels stoßen. Die jüngere Generation muss unterhalten werden. Die Weinindustrie muss also einen Weg finden, die Aufmerksamkeit und das Interesse dieser Verbraucher zu wecken. Glücklicherweise ist die Liste der möglichen Instrumente ausreichend lang - vom Verpackungsdesign über innovative Produktentwicklung bis hin zu Veranstaltungen, Seminaren, Messen und natürlich online Präsenz, um ein paar einfache Beispiele zu nennen.

Ein Bericht von Sabine Fladung vom 02.04.2024.

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