40 Jahre Charta-Riesling

10.09.2024

Die Charta Winzer heute
Die Charta Winzer heute

Der VDP.Rheingau blickt „zurück in die Zukunft“

Revolution im Rheingau! Vor 40 Jahren gründeten fünf Weinvisionäre die Rheingauer Charta-Vereinigung – eine Schutzgemeinschaft zur Rettung des klassischen Rheingauer Rieslings. Erwein Graf Matuschka-Greiffenclau vom Weingut Schloss Vollrads, Dr. Hans Ambrosi vom Staatsweingut Kloster Eberbach, Bernhard und Heinrich Breuer vom Weingut Georg Breuer sowie Prof. Dr. Helmut Becker vom Geisenheimer Institut für Rebenzüchtung & Rebenveredlung waren angetreten, um das Konzept eines herkunftsbezogenen Rheingauer Rieslings zu propagieren, der verpflichtenden Qualitätsstandards unterlag. Sie setzten mit ihrem Ansatz Maßstäbe für die „klassifizierte Herkunft“. Ihre Initiative war der Grundstein für das VDP.ERSTE und VDP.GROSSE GEWÄCHS. Noch heute halten 13 VDP.Weingüter aus dem Rheingau die Charta-Fahne hoch und erzeugen reifefähige, charakterstarke Rieslinge, die das Charta-Symbol – den romanischen Doppelbogen – tragen dürfen. Das Konzept von damals ist aufgegangen und heute zeitgemäßer denn je. Anlässlich des 40. Jubiläums und des neuen Charta-Jahrgangs, der am 1. September auf den Markt gekommen ist, wirft der VDP.Rheingau einen Blick „zurück in die Zukunft“.

Rheingauer Spitzenriesling weltweit gefragt

„Der deutsche Weinbau befand sich vor 40 Jahren an einem Scheideweg. ‚Sweet and cheap‘ – dieses Label trug deutscher Wein international über viele Jahre hinweg“, sagt Wilhelm Weil, Vorsitzender des VDP.Rheingau. „In den letzten Jahrzehnten haben wir gemeinsam einen riesigen Sprung nach vorne gemacht und die Renaissance des deutschen Spitzenweins vorangetrieben. Es ist uns dadurch gelungen, das Image deutscher Weine von New York nach Tokio nachhaltig zu verbessern. Das haben wir auch der Grundidee der Charta-Vereinigung zu verdanken. Trockene Rieslinge aus besten Rheingauer Lagen sind heute wieder auf der ganzen Welt gefragt.“

Die Charta Repräsentanten damals
Die Charta Repräsentanten damals

Geschichte und Merkmale des Charta-Rieslings

Nach der Gründung stellten die Mitglieder der Vereinigung 1984 ihre ersten Charta-Rieslinge vor. Das Konzept funktionierte und die Vereinigung wuchs schnell auf 50 Mitgliedsbetriebe an. Das gemeinsame Ziel: Weg vom süßen Massenwein, zurück zum „typischen Rheingauer Riesling“, der zu Beginn des 20. Jahrhunderts auf den edelsten Tafeln der Erde serviert wurde und Weltruhm genoss.

Charta-Wein unterliegt einfachen, aber strikten Qualitätskriterien: Ein balancierter, klassischer Rheingau-Riesling, der sich trocken zeigt und über ein hohes Reifepotential verfügt. Alle Charta-Weine stammten aus den besten Lagen des Rheingaus und müssen zu 100 Prozent aus vollreifen Rieslingtrauben gekeltert werden. Zur Qualitätssicherung werden die Weine in einer Blindverkostung bewertet und nur dann zugelassen, wenn die Charta-Typizität erkennbar ist. Die „kleinen Geschwister“ der Lagenweine dürfen frühestens am 1. September des auf die Ernte folgenden Jahres vermarktet werden.

Die aktuelle Rheingau Charta Riesling Kollektion in den Frontfensterbögen des Grauen Hauses im Rheingau
Die aktuelle Rheingau Charta Riesling Kollektion in den Frontfensterbögen des Grauen Hauses im Rheingau

Einen Charta-Riesling erkennt man an drei visuellen Merkmalen:

1. Spezielle Charta-Kapseln tragen das unverkennbare Zeichen der Vereinigung: die charakteristischen, romanischen Doppelbögen. Sie stellen die stilisierten Frontfenster des "Grauen Hauses" im Rheingau dar, das als ältestes Steinhaus Deutschlands gilt.

2. Auf den Etiketten werden die Weine als Charta-Riesling bezeichnet – die Bezeichnung erfolgt mittlerweile ohne Lagennamen.

3. Charta-Weine werden in klassischen, braunen Rheingauer Schlegelflaschen vermarktet.

Für den Erfolg der Charta-Rieslinge war neben der verlässlichen Typizität der Weine und der einheitlichen Ausstattung aber noch ein weiteres Merkmal verantwortlich: die optimale Verbindung von Speise und Wein. Heute erscheint das selbstverständlich, damals war es ein geschmackliches Novum. Mit perfekt auf die Charta-Rieslinge abgestimmten Menüfolgen tourten die Charta-Winzer damals um die Welt und stellten Gourmets den „neuen alten“ Weintyp „made in Rheingau“ vor.

Basis für die VDP.Klassifikationspyramide

Die Charta-Vereinigung gab ab 1988 die Initialzündung für die Qualitätsoffensive durch die Klassifizierung von Weinbergslagen. Das Herausstellen besonderer Weinberge hat in vielen bedeutenden Weinbauregionen Tradition – so auch im Rheingau. Die älteste, bekannte Weinbergs-Bonitätskarte der Region stammt aus dem Jahr 1867 („Der nassauische Weinbau | Rheingau“). Der Fokus auf die „Grand Crus von deutschem Boden“ hatte bis zu den 1930er Jahren Bestand. Danach gerieten die regionalen Klassifikationen zunehmend in Vergessenheit. Das 1971er Weingesetz reduzierte zudem die Anzahl von Lagen (Mindestgröße 5 Hektar) – dadurch verschwanden historisch bedeutsame Einzellagen zunächst buchstäblich von den Karten. Das änderte sich als die Rheingauer Charta-Vereinigung eine qualitätsorientierte und parzellenscharfe Abgrenzung der regionalen Lagen vornahm und damit den Grundstein für die ERSTEN GEWÄCHSE legte. Im Jahr 1992 präsentierten die Charta-Winzer schließlich ihre ERSTEN GEWÄCHSE aus den definierten Spitzenlagen. Diese Initiative mündete 2012 in der VDP.Klassifikations-Pyramide. „Diese Pyramide stellt wieder die Herkunft, das Terroir, in den Mittelpunkt der Qualitätsphilosophie unserer Weingüter“, so Wilhelm Weil, der ab 1990 in der Charta-Vereinigung und ab 1999, als die Charta und der VDP.Rheingau fusionierten, als deren Vorsitzender Verantwortung trägt.

Die charakteristische Charta-Kapsel zeigt die romanischen Doppelbögen
Die charakteristische Charta-Kapsel zeigt die romanischen Doppelbögen

Gute Aussichten

„Ich sehe großes Potenzial für die Rheingauer Charta-Weine. Sie sind zeitgemäß und sprechen auch ein junges sowie internationales Publikum an. Von unseren Importeuren höre ich immer wieder, dass Charta ein wunderbarer Botschafter für trockenen Riesling ist und viel Wein zu einem guten Preis bietet“, sagt Mark Barth, stellv. Vorsitzender des VDP.Rheingau. „Diese besonderen Weine stehen für mich sinnbildlich für das, was wir hier besonders gut können: vor allem Rieslinge in exzellenter Qualität aus herausragenden Herkünften erzeugen. Zurück zu den Wurzeln. Zurück zu dem, was uns weltweit berühmt gemacht hat. Zurück zum revolutionären Gedanken der Charta-Vereinigung!“

Erfreulich: Das Weingut Kloster Eberbach wird nach einigen Jahren Pause im September wieder einen Charta-Wein präsentieren. Damit erzeugen heute mit viel Leidenschaft die folgenden 13 VDP.Weingüter Charta-Weine: Weingut Allendorf, Wein- und Sektgut Barth, Weingut Diefenhardt, Weingut August Eser, Weingut Freimuth, Weingut Flick, Weingut Johannishof, Weingut Jakob Jung, Weingut Kloster Eberbach, Weingut Baron Knyphausen, Weingut Spreitzer, Weingüter Wegeler und Weingut Robert Weil.

Save the Date: Charta-Party

Zum 40. Charta-Jubiläum lädt die Vereinigung am am 7. November 2024 ab 18 Uhr zur großen Charta-Party in den Draiser Hof (Weingut Baron Knyphausen). Der Vorverkauf startet ab sofort online. Tickets kosten 89,- EUR pro Person (inkl. Speisen und Getränke).

Fotos: Axel Gross

Ein Bericht von Steven Buttlar, The Storybuilders vom 10.09.2024.

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Interessante Bücher zum Thema Rheingau und Wein:

  • Rheingauer Küchengeschichten
  • Der Schatz im Flaschenhals
  • Rheinsteig - Der Weg ist das Ziel
  • Ein Riesling zum Abschied
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