Warum Günther Jauch Wein bei Aldi verkauft

06.02.2021

Studierende der Hochschule Geisenheim luden im Rahmen ihres Medienprojekts zum interessanten Talk und Tasting mit illustren Gästen

Geisenheim. (sf) Gemeinsam mit Günther Jauch, der seit einigen Jahren ein Weingut besitzt, den Geisenheimer Jungwinzern Marcel und Marius Dillmann, dem SWR-Moderator Martin Seidler und Ernst-Georg Hahn von Staatlich Fachingen sprachen Studierende der Hochschule Geisenheim über Wein, Corona, Klimawandel und Marketingstrategien im Weinbau. Und hier verriet Günther Jauch sogar, warum er Wein mit seinem Namen bei Aldi verkauft: „Aldi kam mehrfach auf mich zu und wollte Wein aus meinem Weingut in das Verkaufssortiment aufnehmen. Das wäre aber unmöglich gewesen, weil allein schon unsere Jahresproduktion von etwa 100.000 Flaschen für den Aldi-Verkauf niemals gereicht hätte“, erzählte der bekannte Fernsehmoderator im Plausch mit den Studenten. Trotzdem habe er die Anfrage von Aldi als eine Chance gesehen, den deutschen Wein gerade auch für Einsteiger publik zu machen. „Seien wir doch mal ehrlich, junge, mit Wein noch unerfahrene Leute oder Leute, die sich mit Wein nicht auskennen, kaufen ihre erste Flasche nicht beim Winzer, sondern im Supermarkt, und da ist das Angebot riesig. Da wird schnell mal zu einem französischen Rotwein gegriffen“, gab Jauch zu bedenken. Doch der deutsche Wein habe einiges zu bieten und das zu demonstrieren, habe er zugestimmt, zwei Weine, rot und weiß, jeweils als Cuvée mit Rebensäften aus verschiedenen deutschen Anbaugebieten in großer Stückzahl für den Lebensmitteleinzelhandel (LEH) zu kreieren. „Das ist eine Chance, mit diesem Wein Neulinge vom deutschen Wein zu überzeugen, die dann auch Weine beim heimischen Winzer kaufen werden“, so Jauch. Das Konzept sei so gut angelaufen, dass er mit Aldi gerade im Gespräch sei, noch weitere, qualitativ hochwertigere Cuvées anzubieten. Und auch die Geisenheimer Jungwinzer Marcel und Marius Dillmann sehen in der Strategie von Günther Jauch oder auch dem Rheingauer Weingut Leitz, guten deutschen Wein im Supermarkt für Neueinsteiger anzubieten, eine echte Marketingchance für das heimische Produkt.

Hochinteressant waren die Statements, die die illustren Gäste der Studierenden an der Hochschule Geisenheim für ihren Online-Talk gewonnen hatten. Im Rahmen ihres Medienprojekts, das Campusmanager Robert Lönarz bereits vor vielen Jahren verpflichtend für die Erstsemester des Studiengangs Internationale Weinwirtschaft initiierte, hatten die Studenten in der Corona-Krise ein ganz neues und spannendes Talk- und Tasting-Format mit entwickelt. Online trafen sich die Studenten, vertreten durch die beiden Moderatorinnen Marleen Ebling und Charlotte Weih, bei ihrer Auftaktveranstaltung von „6 glasses and 1 empty bottle“ mit interessanten Persönlichkeiten aus der Wein- und Medienbranche, unter anderem „Wer wird Millionär“-Moderator und Weingutbesitzer Günther Jauch. Wein, Erfolgsgeschichten und Einblicke in den Alltag der Gäste waren die Themen in der munteren Runde. Dazu gab es einen guten Tropfen aus dem Weingut der Hochschule Geisenheim: ein 2019er Riesling „von Lade“, der auch gleich schon für Gesprächsstoff sorgte. Denn per Live-Stream konnte man über YouTube mit dabei sein und über den Chat auch kommentieren und Fragen an die Talkgäste stellen.

In der Talkrunde war Moderator und Weingutbesitzer Günther Jauch natürlich der Star, auch wenn sich die Größe im deutschen Fernsehen hier ganz privat und entspannt gab und mit viel Weinwissen verblüffte. Denn Jauch ist nicht nur ein bekanntes Gesicht im TV, sondern bereits seit 2010 auch in der Weinszene. Zusammen mit seiner Frau übernahm er das Weingut von Othegraven, das einer Verwandten gehörte, und bewahrt somit die seit 1805 bestehende Familientradition. „Das Weingut an der Saar befindet sich mittlerweile in der 7.Generation, wir bauen zu 100 Prozent Riesling an“, erklärte Jauch, der auch verrät, dass er mit seinem Plan, einen Spätburgunder-Weinberg anzupflanzen, gleich zu Beginn seiner „Winzerkarriere“ ins Fettnäpfchen getreten war.

Auch Talkgast Martin Seidler gehört zu den bekannten Gesichtern des SWR Fernsehens. Seit 2000 ist er einer von vier Gastgebern für die beliebte Service-Sendung "Kaffee oder Tee", eine Sendung, in der es auch immer wieder mal um das Thema Wein geht. Außerdem steht er seit 2006 ebenso regelmäßig für die Landesschau Rheinland-Pfalz als Moderator vor der Kamera. Als großes Hobby hat Martin Seidler die Poesie berühmter Dichter für sich entdeckt, die er schon in diversen Hörbüchern mit Musik zusammengebracht hat. Im Geisenheimer Talk verriet er, dass im Fernsehen mehr Wasser als Wein getrunken wird und löste damit die nächste Diskussion zum Thema „political correctness“ aus, zu der auch Jauch einiges beitragen konnte.

Der Wasserkonsum im Fernsehen wiederum gefiel vor allem Ernst-Georg Hahn, dem Key Account Manager bei Staatlich Fachingen. Er vertritt das bekannte Premiumwasser und bezeichnete es als Kulturgut und Lifestylewasser in einem. Wie schwer es die Mineralwasserlieferanten gerade jetzt in der Corona-Krise haben, die vornehmlich in der Gastronomie zu Hause sind, und dass der Lebensmittelhandel ein überlebenswichtiges Standbein sei, erklärte er.

Für besonders viel gute Laune beim Talk sorgten aber auch die Brüder Marcel und Marius vom Geisenheimer Weingut Dillmann. Die beiden leidenschaftlichen Jungwinzer aus dem Rheingau bewiesen viel Herzblut für ihren Beruf und ihr Produkt und erzählten von ihrem größten Erfolg in der Corona-Krise: den Online-Verkostungen, in denen sie als bekannte DJs Electro Music mit Wein verbinden.
Hot Topics wurden hier diskutiert und über Wein, Erfolgsgeschichten und fun stories aus dem Alltag geplaudert. Dass Wein wieder ganz „in“ und modern geworden sei, stellten die Gäste gemeinsam fest: „Früher bestand das Publikum in den Straußwirtschaften aus der Generation 80 plus, doch jetzt kommen ganz junge Leute zu uns, wenn wir geöffnet haben“, erzählten die „Dillmänner“. Dass der Riesling nicht nur trocken ausgebaut werden darf, forderte Günter Jauch und hatte bei seinem Plädoyer für Weine mit Restsüße auch Martin Seidler auf seiner Seite. „Früher wurden immer nur trockene Weine in Restaurants bestellt, das gehörte zum guten Ton. Doch wenn Kunden zu uns in das Weingut kommen, stelle ich immer mehrere Flaschen Wein zum Probieren hin, von Trocken bis hin zu Feinherb und fast immer sind es die halbtrockenen Weine, die ausgetrunken werden“, stellte Günther Jauch fest. Allerdings seien die Begriffe „Halb-Trocken, Rest-Süße und Feinherb alle irgendwie negativ belegt, deshalb gelte es hier einen neuen, schöneren Begriff zu kreieren – „Eine Aufgabe für die Geisenheimer Studenten“, meinten die Winzer in der Runde.

Über Drehverschlüsse und „Schrauber“, Kork und nachhaltige Ausstattung bei der Weinpräsentation, über den Klimawandel und seine Auswirkungen auf den deutschen Wein und über Lieblingsrebsorten wurde „gefachsimpelt“ und anregend und humorvoll geplaudert. Dem Zuschauer machte das wirklich Spaß, die eineinhalb Stunden Talkshow am PC und Tablet vergingen im Nu, auch weil man per Kommentar seinen „Senf“ dazugeben oder auch persönliche Fragen an die Gäste stellen konnte, die auch prompt beantwortet wurden.

Die Premiere von „6 glasses and 1 empty bottle“ war ein voller Erfolg und an die Moderatorinnen, Regisseurin Emily Heß, Techniker Patrick Brandes und das Studenten-Team mit Nicolas Anton, Jan Besant, Luise Böhme, Erik Bremser, Calvin Dörr, Mathilde Krügel, Leon Neubauer, Jonah Pfeffermann, Johannes Fritz Pfitzenmaier, Lea Pircher und Paul Steiner geht ein großes Lob. Gerne freut man sich hier über eine Fortsetzung.

Ein Bericht von Sabine Fladung vom 06.02.2021.

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