Junge Winzer im Rheingau vor großen Schritten

08.03.2019

Auch in diesen Jahren vollzieht sich ein Wechsel der Generationen unter den Winzern im Rheingau. Die junge Generation tritt langsam aber sicher in die Fußstapfen der Eltern und Großeltern. Die Übergabe selbst bringt dabei für alle Beteiligten besondere Herausforderungen mit sich. Doch welche Hürden müssen die Winzer nehmen, um sich schließlich selbst in der Branche etablieren zu können?

Strenge Auflagen warten

Bevor es überhaupt möglich ist, mit dem Pflanzen der Reben zu beginnen, müssen die vielseitigen Auflagen erfüllt werden. Im Rheingau profitieren junge Winzer davon, dass es keinen Zweifel an der Anerkennung als Weinregion in der EU gibt. Dieser Umstand macht den Weg für den kommerziellen Anbau erst frei. Genau gezogen wurde auch die Grenze zu den Hobbywinzern, die auf einem anderen Gebiet aktiv sind. Sie dürfen über maximal 99 Rebstöcke verfügen. Eine zusätzliche Pflanze reicht dagegen aus, um einen kommerziellen Versuch zu unterstellen.

Wer bis dato nicht mit den diversen Auflagen vertraut war, welche den Anbau in diesen Tagen regeln, muss diese zunächst genau in den Blick nehmen. Erst nachdem diese juristischen Grundlagen geklärt sind, ist es schließlich möglich, sich ohne Einschränkungen an die ersten Versuche zu machen.

Die Arbeit mit den Jungpflanzen

Wird ein Weingut an die jüngere Generation weitergegeben, so steht bereits ein großer Bestand an Reben zur Verfügung, der weiter erhalten werden kann. Anders gestaltet sich die Lage, wenn ein neuer Winzer in der Branche Fuß fassen möchte. Für ihn nimmt nun die Arbeit mit den Jungpflanzen eine wichtige Rolle ein. Doch dies geschieht in einer Phase, in der es noch gar nicht möglich ist, an die ersten Erträge zu denken. Am besten eignet sich der späte Frühling, um die kleinen Reben an ihren späteren Platz zu versetzen. Die Wahrscheinlichkeit von Nachtfrösten ist zu dieser Zeit gering. Und gerade diese könnten den Pflanzen zusetzen, solange diese noch nicht ihre spätere Widerstandskraft erreicht haben.

Viele Experten sind davon überzeugt, dass bereits in dieser Phase die Weichen für die spätere Qualität des Weines gestellt werden. Junge Winzer müssen sich aus diesem Grund der großen Verantwortung bewusst sein, die sie bereits jetzt auf ihren Schultern tragen. Da die Reben noch nicht besonders tief in der Erde verwurzelt sind, ist es im ersten Standjahr wichtig, diese wöchentlich zu gießen. Wird ein Weinanbaugebiet neu kultiviert, so bringt dies für die Winzer eine langwierige Arbeit mit sich. Zudem müssen bereits jetzt große Wassermengen herbeigeschafft werden. So ist mit einer Wassermenge von etwa zehn Liter pro Rebe und Woche zu rechnen. Nicht immer ist das Wetter dazu geeignet, eine Unterstützung im ersten Standjahr zu liefern.

Wirtschaftliche Engpässe müssen überbrückt werden

Im Rheingau steht von August bis Oktober eine ganz besondere Periode an. Bei dieser Ernte zeigt sich, welche Früchte die Arbeit der vergangenen Monate trägt. Für die Winzer handelt es sich hier nicht nur um einen interessanten Einblick in die Qualität eines Jahrgangs. In diesen Wochen fällt für sie die Entscheidung, mit welchem Kapital sie die kommenden Monate bestreiten können. Ein guter Jahrgang ist dazu in der Lage, alle wirtschaftlichen Sorgen vergessen zu machen. Gelingt es nicht, die gewünschte Menge und Qualität zu erzeugen, so müssen womöglich die alten Planungen noch einmal erneuert werden. Nun sinkt das Einkommen, welches in starker Abhängigkeit zu den Bedingungen des Jahres steht.

Gerade in schlechten Jahren ist es für Winzer notwendig, die fehlenden Einnahmen auszugleichen. Natürlich ist auch im Startjahr noch nicht mit Erträgen zu rechnen. Für viele junge Winzer im Rheingau bedeutet dies, dass sie zunächst einer weiteren beruflichen Tätigkeit nachgehen müssen, um die passende finanzielle Grundlage für den Alltag zu erhalten. Denn nach wenigen Monaten ist keine Rebe dazu in der Lage, schmackhafte Trauben in ausreichender Menge zu tragen. So bleibt das erste Standjahr ein zumindest aus wirtschaftlicher Sicht eher ernüchterndes.

Umgang mit Krankheiten und Schädlingen

Jede Rebe muss vor dem Befall von Schädlingen geschützt werden. Über die Jahre entwickeln viele Winzer ein eigenes Konzept, das sie an ihre Erfahrungen anpassen. Wer den ersten Schritt in die Branche wagt, ist demnach nicht dazu in der Lage, auf einen solchen Schatz an Erfahrungen zurückzugreifen. Für den Umgang mit Krankheiten und Schädlingen stellt zum Beispiel eine dauerhaft zu hohe Feuchtigkeit eine Gefahr dar. Sie treibt das Risiko für den sogenannten Mehltau deutlich in die Höhe. Weiterhin müssen Fraßschäden der Vögel eingeplant werden, die es meist auch auf Jungpflanzen im ersten Standjahr abgesehen haben.

An und für sich ist es im ersten Jahr der Bepflanzung besonders wichtig, für den Schutz der Reben zu sorgen. Während ein späterer Befall vor allem die Ernte eines Jahres in Gefahr bringt, die Pflanze jedoch erhalten werden kann, können Jungpflanzen schnell zugrunde gehen. Dann wird es auch im kommenden Jahr notwendig sein, sich erneut der Aufzucht neuer Pflanzen zu widmen. Die eigentlichen Schritte der Verarbeitung rücken derweil in immer weitere Ferne.
Die Positionierung am Markt

In Anbetracht der starken Winzer-Konkurrenz im Rheingau ist es in den letzten Jahren nicht einfacher geworden, sich selbst zielsicher am Markt zu positionieren. Viele junge Winzer müssen zunächst auf die Suche nach einer Marktlücke gehen, um einen ausreichenden Absatz für die eigenen Produkte zu schaffen. Entscheidend ist für diesen Zweck bereits die Wahl der Rebsorte und die geographische Begebenheit des Anbaugebiets.

In den letzten Jahren waren es immer wieder vermeintliche Nischen, die zum Ausgangspunkt für große Erfolge werden konnten. So wurden etwa die Bioweine über einen langen Zeitraum als Nischenprodukt angesehen. Den Winzern, denen es gelungen war, sich früh in diese Richtung zu begeben, bescherte der Wechsel jedoch anhaltenden Erfolg. Mit großer Wahrscheinlichkeit werden die Trends des Marktes auch in Zukunft die Chance bieten, ein Merkmal der Alleinstellung zu schaffen. Im Idealfall kann dieses fest mit dem Kern der eigenen Marke und dem persönlichen Image verbunden werden. Dann hat der Kunde bereits am Weinregal bestimmte Werte im Kopf, die mit der fertig produzierten Flasche in Verbindung gebracht werden und eine positive Verbindung schaffen.
Ein geschöntes Gewerbe?

Tatsächlich sind sich viele Winzer zu Beginn ihrer Karriere nicht darüber im Klaren, welche Besonderheiten sie mit der Wahl ihres Berufs eingehen. Auf der einen Seite steht die Möglichkeit, eine Arbeit in Verbindung zur Natur aufzunehmen, die am Ende eines jeden Jahres eine besondere Entlohnung mit sich bringt. Auch die Arbeitsumgebung, auf die gesetzt werden kann, stellt viele andere Berufe in den Schatten und weiß dadurch auf sich aufmerksam zu machen.

Doch gerade für diejenigen, die nicht auf einen über viele Jahre aufgebauten Besitz in der Familie setzen können, birgt der Start ins Geschäft ebenso viele Herausforderungen. Immer wieder ist es notwendig, finanzielle Lücken zu überbrücken, nur um den satten Jahren ins Auge zu sehen. So angenehm es sein mag, sich vor allem mit den romantischen Seiten auseinanderzusetzen, so wichtig ist es andererseits, den Blick im Vorfeld über den Tellerrand schweifen zu lassen. An und für sich ist eine genaue Planung erforderlich, um einen eigenen Platz am Markt zu erhalten und sich von dort aus gegen die Konkurrenz aus ganz Europa durchsetzen zu können und die eigene Kundschaft dauerhaft vom Wein zu überzeugen.

Ein Bericht von S.S. vom 08.03.2019.

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