1000 Jahre Schulwesen im Rheingau

Schule

Schon die Hochkulturen des Altertums kannten Schule, doch das griechisch-römische Bildungssystem steht dem unseren näher. Bildung für das allgemeine Volk war jedoch erst mit Büchern möglich geworden und hier wird dann auch wieder einmal klar, warum Johannes Gutenberg, der auch in Eltville lebte und wirkte, weltweit zum Millenium-Mann gekürt wurde. Er bereitete ganz unbestritten den Bildungsweg für alle Menschen rund um den Erdball mit seinen gedruckten Büchern.

Zunächst hatte es nämlich keine Bildung für das einfache Volk gegeben, lediglich in Klöstern und Domschulen lernten privilegierte junge Männer vom Frühmittelalter an anhand von handgeschriebenen Schriften lesen und schreiben. Die einfache Bevölkerung war an Bildung nicht interessiert, da die Kinder von klein auf in der Landwirtschaft helfen mussten. In den wenigen kleinen Dorfschulen, die es im Rheingau gab und die nur von einigen Jungen reicherer Familien besucht wurden, hatte stets der Pfarrer die Oberaufsicht und hier wurde nur gelehrt, was für die kirchlichen Messen wichtig war: lesen, schreiben, etwas Latein und ein bisschen rechnen. Erst Reformator Martin Luther forderte erstmals Schulen für Jungen und vor allem auch für Mädchen. Daraufhin gründeten reformierte Territorien auch vermehrt Schulen, in katholischen Gegenden wie dem Rheingau war die Durchsetzung dieser Forderung äußerst zäh. Außerdem war der Lehrerberuf auch damals nur wenig geachtet gewesen: Es gab für Lehrer keine geregelte Ausbildung und nur sehr wenig Geld, meist wurden die Lehrer in Naturalien bezahlt und hatten zum Überleben noch einen handwerklichen Nebenberuf. Im Unterricht selbst war bei diesen Lehrern damals die Rute und der Stock fast immer das wichtigste „Hilfsmittel. Im 18. Jahrhundert sei dann versucht worden, auch reine Mädchenschulen zu gründen, darunter auch in Geisenheim, was man jedoch schon nach sechs Jahren wieder aufgab. Erst 1884 wurde mit der katholischen Sankt Ursula-Schule die erste funktionierende Mädchenschule im Rheingau eröffnet. Zuvor war in der Mainzer Schulreform die Ausbildung von Lehrern genau festgelegt worden, die jetzt auch mehr Gehalt bekamen. Sogar erste Lehrerinnen gab es und wurden fest eingestellt. Außerdem geht aus dieser Reform die Bildung von „kleineren“ Klassen mit 40 bis höchstens 50 Kindern hervor. Und diese Neuordnung orientierte sich erstmals auch am Fassungsvermögen der Kinder. Diese Reform ebnete den Weg für mehrere Schularten und auch im Rheingau wurden schon bald darauf neben den örtlichen Volksschulen in fast allen Gemeinden in Eltville eine Mittelschule und in Geisenheim das Rheingau-Gymnasium eröffnet. Weitere Schulen mit höherem Bildungsweg wurden eröffnet und zunächst gab es noch Abschlussprüfungen im Frühjahr und im Herbst.

Die bis heute von der katholischen Kirche getragene Sankt Ursula-Schule in Geisenheim entwickelte sich von der reinen Mädchenschule mit Internat und Handelsschule zum Gymnasium und öffnete ihre Pforten 1986/87 auch für Jungs. Mit einer Schule für Sonderpädagogik zunächst in Eltville und der Leopold Bausinger Schule später in Geisenheim wurden auch eigene Schulen für Kinder mit Defiziten und Lernverzögerung eingerichtet. In den letzten fünf Jahrzehnten entwickelte sich die Schullandschaft im Rheingau sehr rasant. Das klassische Drei-Schulsystem mit Hauptschule, Realschule und Gymnasium ist auch im Rheingau fast schon Vergangenheit. Allerorts wurden Hauptschulen geschlossen, nachdem die Eltern für ihre Kinder fast ausschließlich höhere Schulabschlüsse anstreben. Auch eine gemeinsame Reformschule für alle Hauptschüler im Rheingau, die in Oestrich für wenige Jahre eingerichtet wurde, konnte die Entwicklung nicht aufhalten. Selbst Grundschulen werden aufgelöst und zusammengeschlossen, da auch die Schülerzahlen immer weiter sinken. Jetzt gibt es in Rüdesheim eine intergierte Gesamtschule, an der vom Hauptschulabschluss bis hin zum Realschulabschluss viele Bildungswege offen stehen, an der Sankt-Ursula-Schule gibt es einen Realschulzweig und an der Rheingau-Schule eine Oberstufe mit Realschulklassen für Schüler, die nach der mittleren Reife das Abitur anstreben. In Eltville wurde in den 80er Jahren nach Versuchen mit integrierten Realschul- und Gymnasialklassen ein eigenes Gymnasium eröffnet, das nach einigen Jahren auch eine eigene Oberstufe bekam. Dazu gibt es die Berufliche Schule Rheingau in Geisenheim, die seit Jahrzehnten umfangreiche Angebote für ganz individuelle Bildungswege vom Hauptschulabschluss bis hin zum Fachabitur anbieten.