Hattenheim

Hattenheimer Burg aus Dornröschenschlaf geweckt

Hattenheimer Burg

Auch Hattenheim steht für den Typus des Weinbaudorfes im Rheingau, das über Jahrhunderte hinweg zum Kurfürstentum Mainz gehörte. Zum älteren Teil des Dorfes gehört die Kirche und die Burg westlich des Lomersbach, der von Hallgarten aus durch Hattenheim bis zum Rhein fließt. Geprägt wird dieses historische Ortsbild von der Hattenheimer Burg, einer der größten erhaltene Turmburgen im Rheingau. Als ältestes Zeugnis ist im Erdgeschoß ein gotischer Kamin erhalten. Erstmals erwähnt wurde die Burg im Jahre 1118, der Grundstein wurde damals wohl von den „Herren von Hattenheim“ gelegt. Der Wohnturm entstand aber vermutlich erst im 15. Jahrhundert und war sogar einst von einem Wassergraben umgeben, was man sich bei der heutigen engen Bebauung rund um die Burg nur noch schwer vorstellen kann. Im Jahre 1411 fiel der Turm an die Eltviller Adelsfamilie Langwerth von Simmern, die dort auch drei Jahrhunderte lang lebte, bevor sie sich dann in die schützenden Mauern von Eltville zurück zog.

Die Hochzeiten der Burg schienen damit vorbei zu sein. Als Rumpelkammer, Heuschober oder Pferdestall war sie noch gut genug, aber als Gebäude verfiel sie zusehends. Wäre in den 60er Jahren nicht wenigstens das Dach gedeckt worden, so hätte die Burg den Einflüssen von Wind und Wetter wohl überhaupt nicht standgehalten. Doch tapfer wie die alten Ritter machten sich die Retter der Neuzeit Ende der 70er Jahre schließlich ans Werk. 1966 hatte sich der Hattenheimer Verkehrsverein unter Initiative des Geschäftsmannes Heinrich Gerhard gegründet, der das „verschlafene Hattenheim aus dem Dornröschenschlaf“ wecken wollte. Gleich 50 Mitglieder traten dem Verein damals bei und zeigten großes Interesse an den festgesetzten Zielen, zu denen die Verschönerung des Ortes und verstärkte Werbung für Hattenheim gehörten. 1979 besichtigten die Vereinsmitglieder die völlig verfallene Hattenheimer Burg, denn man hatte geplant, dass nächste Weinfest in diesen historischen Gemäuern zu veranstalten. In jahrelanger behutsamer Renovierungsarbeit wurde aus der Ruine schließlich ein bedeutendes Kulturdenkmal mit einmaligen „Bürgerhaus-Charakter“ ausgebaut.

In den folgenden Jahren bauten die Mitglieder des Vereines den einst verfallenen Wohnturm zu einem wahren Schmuckkästchen des Rheingaus aus. In über 20.000 ehrenamtlichen Arbeitsstunden wurde die Ruine erneuert, ein rustikaler Festsaal im Parterre der Burg geschaffen und ein edler und technisch praktisch ausgestatteter Prunksaal im Obergeschoß ausgebaut. Das gebogene Hoftor wurde erneuert, eine Tanzfläche geschaffen, romantische, überdachte Innenhöfe eingerichtet, das Entree mit Pflastersteinen versehen und das Fachwerk des angrenzenden Nebengebäudes restauriert. Anschließend wurde der Gewölbekeller mit Fußbodenheizung eingerichtet. Besonders stolz ist der Verein auf den Rittersaal im ersten Stock. Die alte Balkendecke des Festsaales wurde restauriert und an den Fenstern sind noch die alten Sicherungspflöcke über die Jahrhunderte gerettet worden. Hinter einem Vorhang versteckt in einer kleinen Nische verbirgt sich eine Plumpsklo-Rekonstruktion, die allerdings nicht mehr in Gebrauch ist.